Die Kirche heute und ihre Wertekollisionen

Ein Cartoon-Blick auf Kirchgemeinden von heute zeigt, wie Wertekollisionen in der Alltagspraxis aussehen.

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Korrektes Schreiben ist zur Glückssache geworden. Raten tun jene die schreiben genau so wie jene, die das Geschriebene lesen. Und oftmals wird danebengeraten.

Hier ein Comic-Beispiel für GRÜNE Werte, welche gendergerecht sein wollen, und ein ironischer Vorschlag eines Kritikers der GRÜNEN Werte. Dieser kann von allen Wertesystemen kommen, weil alle Wertesysteme bis ORANGE nichts mit dem gendergerechten Reden anfangen können. Es handelt sich um ein Reden, das Mikroagressionen um jeden Preis vermeiden möchte und dadurch unverständlich wird. Völlig verborgen bleibt dem Denken mit GRÜNEN Werten die eigene Aggression gegenüber den vermeintlichen (oder realen) Unterdrückern.

Aktuell (Nov. 2019) in der kircheninternen Debatte um die "Ehe für alle" zu beobachten: Eine Minderheitengruppe von Pfarrpersonen hat sich geweigert, die aktuell geltende Freiheit aufzugeben, ein homosexuelles Paar nicht zu segnen, wenn dies für das eigene Gewissen nicht möglich ist. Eine heftige Gegenreaktion der Mehrheit streitet dieser Minderheit ab, unter diesen Umständen noch dazuzugehören. Auf BLAUER Ebene ist der Ausschluss noch bewusst und man schämt sich nicht für die Ausgrenzung anderer. Auf GRÜNER Ebene passt die Ausgrenzung nicht zu den eigenen Werten, deshalb ist sie gegenüber der gegnerischen Minderheit unbewusst, kommt aber klar in der Sprache zum Ausdruck. "Wir verwerfen deshalb jegliche falsche Lehre...". Und in der öffentlichen Diskussion hinterfragt man, ob solche Pfarrpersonen noch angestellt werden dürften von einer Landeskirche. (Es geht hier um deren Haltung und Werte, nicht um ihre -  tatsächlich fragwürdige - fehlende Bereitschaft zum Dialog.) Die eigene GRÜNE Bruchstückhaftigkeit geht dabei vergessen. Das GRÜNE Wertesystem hat einen blinden Fleck, wie jedes andere Werteystem auch.  

Integrale Wertesysteme ab GELB hingegen, hinterfragen den Nutzen der neuen sprachlichen Geschlechtlichkeit für die wahren Anliegen: Gleichwertigkeit in allen sozialen, beruflichen, politischen usw. Bereichen zwischen den Geschlechtern.

Haben wir wirklich noch so viel Zeit?Nach oben ↑

Wenn ORANGE Werte wie Effizienz auf traditionalistische konservative BLAUE Werte treffen.

Für das BLAUE Wertesystem ist es undenkbar, etwas am (BLAUEN) Status Quo zu ändern. Schon gar nicht dann, wenn es so etwas Heiliges wie das Kirchgebäude tangiert, das öffentliche Symbol der Kirche. Für reformierte Menschen mit hauptsächlich blauen Werten in Bezug auf ihre Religion ist der Raum an sich schon heilig, wie in der Lehre der römisch-katholischen Kirche.      

Dazu ein paar Feststellungen:

Es gibt kein christliches Gebot zur Konservierung

Der Kirchenraum wird im reformierten Verständnis nur dadurch heilig, wenn Menschen sich in ihm in Gottes Namen versammeln. Dies blenden reformierte Menschen aus, welche in Sachen Religion hauptsächlich BLAUE (oder PURPURNE) Werte hochhalten.

Es gibt ein biblisches Gebot zur Sorge für die Schöpfung und für die nächsten Generationen

Dass diese hohen und grossen Räume während bis zu sechs Monaten beheizt werden müssen und dass sie durch ihre nicht vorhandene Isolation die Wärme gleich an die Umwelt weitergeben, ist für Menschen mit einem BLAUEN Wertesystem irrelevant - zumindest dann, wenn ihre Heilige Kuh dafür geschlachtet werden müsste um das Problem zu beheben.

Für das Heilige scheint ihnen nichts zu teuer zu sein. Es ist allerdings ein Denken, welches aktuell gegen den Trend der Nachhaltigkeit geht. Es ist auch ein Denken, das nicht an die Generation der Urenkel denkt.

Herausforderungen für die BLAUEN Werte

Für Menschen mit mehrheitlich BLAUEM Wertesystem in der Kirche müsste etwas anderes heilig werden als eben der Raum selbst: Nämlich die Gemeinschaft mit allen Menschen, die sich im Glauben vereinigen, bis hin zur Urenkelgeneration.

Sie würden sich bemühen, an Weisheit zuzunehmen, sodass ihnen die Jüngeren ganz automatisch mit Respekt und Freude begegnen würden. Sie bräuchten sich Respekt und (falsche) Zuneigung nicht mehr durch Macht zuerpressen oder arrogant zu verlangen.

Dass die Idee mit einem beheizbaren Glaskontainer im Kirchenraum von einem jungen Menschen kommt, krazt wiederum an den BLAUEN Werten. Denn dieser junge Mensch hat in der BLAUEN Hierarchie vor allem zuzuhören und zu schweigen und von den älteren zu lernen.

Wären sie wirklich weise, würden sie ein solches Machtdenken ablegen. Wie es Jesus mit dem Weg der Liebe und des Dienens vorschlägt.

Der Cartoon

Der Cartoon zeigt einen jungen Mann mit ORANGEN Werten.
Es ist zu begrüssen, dass er an der Kirche "mitbauen" will, dass er für sie Interesse zeigt! Vielleicht ist er ja Architekturstudent? Er schätzt die alte Bausubstanz. Er hat neue Ideen, wie man die oft zu grossen Räume für die knapp zwangig Gottesdienstbesucherinnen (Realitäts-Check) verkleinern kann. Und wie man gleichzeitig Kosten sparen kann indem man effizient heizen kann. All dies, ohne die Schönheit der kirchlichen Architektur zu verstecken.

Man könnte sogar Nebencontainer einbauen, wo die Kinderhüte stattfinden könnte oder das Kinderprogramm zum Gottesdienst. WCs wären integrierbar, natürlich ohne Glaswände, ein Raum für den Kirchenkaffee danach...   
Von aussen würde die Kirche traditionell aussehen wie immer, und innen würde sie modern daherkommen. Sie würde die aktuellen Bedürfnisse abdecken können. So ist das Denken im ORANGEN Wertesystem.     

Der Cartoon zeigt, der junge Mensch muss etwas Geduld haben, bis jene älteren Menschen nicht mehr in der Kirche sind, die ihn behindern das zu tun, was nach seinem Wertesystem korrekt ist. Er ist jung, hat Zeit. Aber die Umwelt - hat die noch so viel Zeit? Und gibt es einen Point of no return für die Mitglieder, welche die Kirche innerlich und dann tatsächlich verlassen?

Der integrale Ansatz

Der integrale Ansatz ist dergestalt, dass es ein Nebeneinander und sogar ein Miteinander aller Wertesysteme geben kann. Der Weg dahin ist der Weg der persönlichen Reife (Lieben lernen) innerhalb seines eigenen Wertesystems oder integral zu denken. Es ist der Weg, den Jesus vorgemacht hat: Der Weg der Liebe und Integration.

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Religionsfreiheit

Der Religionsunterricht verschwindet zunehmends vom offiziellen Schullehrplan. Kreuze und Kruzifixe entfernt man von den Wänden von öffentlichen Einrichtungen, sogar, wenn ihre Wurzeln christlich sind. Religionsfreiheit wird immer häufiger interpretiert als (I) "frei von Religion" statt als (II) "freie Wahl der Religion".

Ein paar Gedanken dazu:

Wenn ein Amtsträger, ein Arbeiter, eine Lehrerin sich für eine Religion entschieden hat, dann sollten sie dies eigentlich auch zeigen dürfen. Oder seit wann hat das Zeigen seiner Religionszugehörigkeit einem anderen Menschen die Religionsfreiheit im zweiten Sinne (II) genommen?

Ist Werbung für eine Religion verboten? Nein, aber es gibt Spezialfälle:
Es gilt natürlich zu bedenken, dass es Situationen gibt, wo ein Machtgefälle vorliegt. Hier sollten die Zeichen der Zugehörigkeit zu einer Religion so weit möglich ausgeblendet werden, falls sie jemanden zu einer Konversion nötigen oder jemandem zum Nachteil gereichen: Zuerst sind wir Menschen, und danach sind wir Christen oder Andersgläubige. Wenn Vorbilder und Bezugspersonen die Abhängigkeit ausnutzen, um jemanden zu "konvertieren", so braucht es ethische Richtlinien und einen gewissen Schutz vor Manipulation. Überzeugen soll schliesslich das eigene Vorleben.

Wertekollisionen bei der Religionsfreiheit II

Es gentstehen Wertekollisionen, wenn das Ausleben der eigenen Religion in einer Umgebung geschieht, die diese Religion oder Werte nicht teilt. Folgende Beispiele zeigen tatsächlich passierte und mögliche Probleme, die durch die Gewährung der Religionsfreiheit nach dem Verständnis II (freie Wahl der Religion) entstehen können.

  • RESPEKTLOSIGKEIT Dass einem Mitmenschen die Hand zum Gruss aufgrund seiner religiösen Werte verweigert wird, ist zwischenmenschlich und sozial betrachtet hoch problematisch.
    Die kantonalen Gesetze werden auf einem bestimmten Hintergrund erstellt. Bisher waren dessen Werte BLAU, danach drangen ORANGE und sogar GRÜNE Werte in die Gesetzgebung ein.
    Der von einem Nichtchristen verweigerte Handschlag zum Gruss aus religiöser und kultureller PURPURNER bis BLAUER Prägung hat zu einem Aufschrei durch die Schweiz geführt. Die Werte der Mächtigen wurden mit Druck durchgesetzt. Integration gelang damit nicht. Stattdessen wurden beide Fronten kompromissloser und extremer.

    Ein integraler Lösungsansatz wäre das Gespräch auf Augenhöhe gewesen. Zunächst durch ein Ernstnehmen der Sorgen und Werte derer, die den Handschlag verweigerten. Danach das Suchen nach einer Lösung, welche Wertschätzung auf andere Weise zum Ausdruck bringen könnte. Zum Beispiel eine berührungslose Verbeugung, ein Hutziehen und was es sonst noch an Möglichkeiten gibt, Respekt und Gruss auszudrücken.
  • DISKRIMINIERUNG Es geht aus heutiger (juristischer) Sicht nicht, dass z. B. ein christlicher Lehrer einen muslimischen Schüler benachteiligt, weil er seine eigene Religion und seine persönliche Einschätzung der anderen Religion vor den Lehrauftrag stellt, den ihm der Staat zugewiesen hat. Er hat für alle Schüler und Schülerinnen der gleich gute, faire und engagierte Lehrer zu sein. Das ist sein Auftrag.

  • AUSNUTZUNG Es geht auch nicht, dass ein christlicher Psychotherapeut die Übertragung (Verliebtheit z. B.) eines Patienten ausnutzt, um ihn zum Christentum zu bekehren und in seiner Gemeinde einzuführen. Aber es wäre in Ordnung, wenn der Patient es dem guten Therapeuten gleich tut und beginnt auf Jesus zu hören und ihm zu vertrauen. Jedoch frei, aus eigener Neugier und Einsicht heraus. In der Gemeinde, in der er wohnt. Ohne Kontakt zum Therapeuten.

Die Religionsfreiheit (I)

Die Religionsfreiheit im Sinne einer Realität ohne sichtbare Religion ist ab den Wertesystemen ORANGE und GRÜN ein Thema:

Das "ORANGE Wertesystem wünscht sich eine vernünftige Religion. Spiritualität im Sinne einer Selbstoptimierung wird geduldet, auch wenn sie als wenig wissenschaftlich bewertet wird. Aber das ist Privatsache und hat deshalb im öffentlichen Raum und bei der Arbeit nichts zu suchen. Hier kann durchaus der Glaube an den Menschen und an die Wissenschaft zur Religion ohne Gott werden.   

Das Wertesystem ORANGE macht sich also nicht stark für das Aufhängen von Kreuzen im Allgemeinen. Und da das Kreuz ohnehin für Marter und Leiden steht, passt es nicht wirklich zu den ORANGEN Werten von persönlicher Freiheit, Optimierung und Selbstverwirklichung.

Religiöse Symbole wegräumen

Religiöse Symbole und Gepflogenheiten aus dem Weg zu räumen, mag hinsichtlich des friedlichen sozialen Miteinanders als eine gute Idee erscheinen, aber im Grunde genommen ist sie es nicht. Warum?

  • Die zugrundeliegenden Wertekonflikte verlagern sich dadurch nur in den Privatraum, wo sie weniger fassbar werden.
  • Die historisch gewachsenen Spuren würden im öffentlichen Raum fehlen; Gesichtslosigkeit wäre die Folge. Wenn Kinder und Fremde etwas nicht sehen, werden sie dazu auch keine Fragen stellen.
  • Leerstellen laden dazu ein, sie mit neuen Inhalten zu füllen. Was, wenn diese faschistisch sind?

Der Cartoon

 Das GRÜNE Wertesystem bewertet alle Religionen als berechtigte Formen von Sinnsuche. Von überlegenen Religionen darf keine Rede mehr sein. Sie sind alle gleichwertige spirituelle Wege, um das Menschsein zu transzendieren.  

Das Wertesystem GRÜN würde gerne die Kirche für alle Menschen offen sehen: Alle sollen sich in ihr wohlfühlen, einen Raum zum Beten vorfinden, einen Raum, wo man zur Ruhe kommen kann und auftanken kann. Symbole anderer Religionen sollen ebenso Platz haben in einer Kirche oder dann soll keine Religion mit ihren Symbolen vorherrschen. Dies ist die Situation, welche im Cartoon gezeigt wird.

Spinnen wir die Comicgeschichte noch etwas weiter: Die Pfarrerin nimmt das Kreuz selbst ab. Es würde ihr nicht einfallen, die Sigristin darum zu bitten, denn das würde sie als hierarchisch empfinden. Die letzte Gottesdienstbesucherin sieht ihr dabei zu und fragt sich und die Pfarrerin zu recht, warum das Kreuz wegkommt.
Sie können sich vorstellen, dass diese Seniorin zwar der Pfarrerin niemals direkt widersprechen würde, aber garantiert mit ihren Freundinnen darüber reden wird. Sie wird im Hintergrund alle Gleichgesinnten von ihren Bedenken und ihrer Wut informieren. Und eines Tages wird ein Antrag an die kirchliche Behörde gelangen, der das Kreuz zurückverlangt. Das Beispiel zeigt, dass solche Veränderungen nur gehen, wenn sie integral durchdacht wurden und alle Kirchgemeindeglieder auf die Reise mitnehmen.

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