CLEANING UP - die Reinigung

"Kehret um!", sagen Johannes der Täufer und Jesus zu uns, ihren Mitmenschen. Umkehren zu einem Leben, das mit Gott statt gegen ihn ist. Ein Leben, das im Fluss ist mit Gottes Wille, in Resonanz mit Gottes Wort und Kraft in der Welt. In Resonanz mit dem Leben überhaupt.

Dies ist ein Zustand, den wir vielleicht in einem Moment des WAKING UP erleben, erahnen oder einfach so herbeisehnen; es ist mit Sicherheit ein Zustand, den niemand von uns Tag und Nacht lebt.

CLEANING UP ist ein Reinigungsprozess, der nicht (nur) den physischen Körper betrifft, sondern (vielleicht vor allem) den Geist: Unser Denken kann gereinigt werden, im Missbrauchsfall spricht man von "Hirnwäsche".
Rituelle Waschungen nehmen symbolisch das Thema der (inneren) Reinigung auf.
Unser Körper als reines, heiliges Gefäss, bereit um Gottes Fülle aufzunehmen und diese dann überborden zu lassen in die Welt. Dieses Bild vom leeren Gefäss ist in vielen religiösen Kulturen und geistlichen Wegen bekannt.

In der Bibel finden sich viele Stellen, welche das Thema Reinheit aufnehmen.1

Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler! Denn ihr reinigt das Äussere des Bechers und der Schüssel, inwendig aber sind sie voller Raub und Unenthaltsamkeit. Blinder Pharisäer! Reinige zuerst das Inwendige des Bechers, damit auch sein Auswendiges rein werde.   
(Jesus in Mt. 23,25-26) 

Im Folgenden finden Sie ein paar Gedanken zum Thema Reinigung aus ganzheitlicher Perspektive. Es werden nicht alle Aspekte und Möglichkeiten aufgezählt, sondern nur einige, um Ihnen zu zeigen, worum es geht und Sie so zu ermuntern, einen Weg zu gehen, der sich für Sie stimmig anfühlt.

ReinheitNach oben ↑

Wenn ein Kind in den Sandkasten spielen geht, kann man nicht erwarten, dass seine Kleider sauber bleiben. So ist es auch mit dem Leben. Sogar, wenn wir in jeder Hinsicht "rein" geboren würden, könnten wir diesen Zustand nicht beibehalten.

Was ist das für ein Leben, wenn man sich in "heiliger Reinheit" absondert, um sich nicht zu "beschmutzen"? Ein Menschenleben ist ein leben mit und unter Menschen. Im Einzelfall unter Pflanzen und Tieren. Das Leben nimmt uns die Reinheit, sofern wir sie je hatten, auf vielerlei Ebenen. Sei es nur dadurch, dass wir andere Lebewesen essen müssen um selber leben zu können: Zellen, Pflanzen und Tiere z. B. oder dadurch, dass unsere Gedanken und Taten nicht nur gut sind. Deshalb kennen wohl alle Religionen Rituale, um vor der Begegnung mit dem Heiligen oder vor dem Töten oder Ernten eine rituelle Waschung zu vollziehen, sei sie körperlicher oder geistiger oder geistlicher Natur.

Im christlichen Kontext kennen wir z. B.:

  • Die Taufe als Aufnahme in die heilige Familie Gottes
  • Die Busse nach der Beichte
  • Das Fasten bis Karfreitag
  • Das Kreuz schlagen mit Weihwasser beim Betreten der Kirche
  • Ein Sündenbekenntnis sprechen, bevor man das Abendmahl teilt

Reinheit als Zustand ist etwas sehr Kurzlebiges bei uns Menschen. Deshalb sorgen Rituale dafür, den Menschen regelmässig zu reinigen. Das heisst auch im übertragenen im geistlichen und geistigen Sinn: Genau hinschauen und überprüfen, wo etwas ist, was wieder weg oder geändert werden muss. Einsicht in Fehlverhalten, abhängig von den beurteilenden Wertesystemen; Einsicht in die eigene Sünde, sprich: Gottesferne.

So wie das körperliche Sich-Waschen ein (täglicher) Vorgang ist, gibt es auch (regelmässige) Vorgänge, um sich geistig bzw. geistlich rein zu waschen.2 Reinigung kennt folgende Schritte:

  • Ich bemerke den "Schmutz" (Wahrnehmung)
  • Ich will ihn sachgemäss entfernen (Technik)
  • Ich will überprüfen, dass er wirklich weg ist (Wahrnehmung)
  • Ich versuche, dieser Art von Schmutz vorzubeugen (Vorbeugung)

Kindern zieht man z. B. passende Kleidung (Vorbeugung) an und nach dem Spiel im Sandkasten steckt man die Kinder bei Bedarf (Wahrnehmung) unter die Dusche (Technik).

Die Wahrnehmung schulenNach oben ↑

Die Wahrnehmung zu schulen ist wichtig, um den Schmutz (Störungen, Blockaden, Zerstörendes usw.) zu bemerken und um zu überprüfen, ob die Reinigung effizient war. Die Wahrnehmung bezieht sich ganzheitlich auf alle Ebenen des Menschen; vom Stofflichen zum Feinstofflichen aufgezählt, sind dies:

  • Physisch - strukturell (Anatomie, Struktur, Substanz)
  • Physisch - dynamisch (Körper in Bewegung, Begegnungen, Interaktionen)
  • Energetisch - strukturell (Leitbahnen der Lebenskraft, Verkehrswege, Physiologische Grundstrukturen)
  • Energetisch - dynamisch (Fluss der Lebenskraft, Verkehrsfluss, Physiologie)
  • Intentional - bildlich (Vorstellungskraft, Vision, Glaubenssätze)
  • Intentional - dynamisch (Intentional-Bildliches in Bewegung gebracht)
  • Interaktiv - relational (Beziehungsebene)
  • subtil - kausal (subtile Beziehungsebene mit allem)
  • leer - potentiell (Wirken des Transzendenten, absichtslose Bereitschaft in Aktion, wu-wei)

Es gibt eine unglaubliche Anzahl an Anbietern für Übungen der einzelnen Ebenen. Solche, die aus jahrtausende alten Traditionen stammen oder solche, die ganz neu entwickelt wurden. Es ist von grossem Vorteil, seine Wahrnehmung unvoreingenommen, mit einem Anfängergeist zu schulen. Jeden Tag wieder von Neuem. Und seien es nur zwei Minuten.

Es ist die tägliche Übung im Geist des Anfängers, welche Früchte trägt 

Was in unserer Gesellschaft am häufigsten brach liegt, ist die Beschäftigung mit den innersten Ebenen unseres Daseins, mit der Körperlichkeit (physisch strukturell und dynamisch). Im eigenen Körper zuhause und "geerdet" sein ist auch der Startpunkt für jedes GROWING UP. Dies ist besonders dann schwierig, wenn der Körper traumatisiert wurde oder wenn Sie die meiste Zeit damit verbringen, ihren Körper aus Ihrem Bewusstsein auszublenden bzw. ihn wie eine Maschine (sehr einseitig) zu (be-)nutzen, sehr lange am Computer zu sitzen usw.
Durch Wahrnehmungsübungen können Sie z. B. folgende Fragen immer zutreffender und ganzheitlicher beantworten:

  • Wie und wo spüre ich mich?
  • Wie kann ich meine Empfindungen einordnen?
  • Braucht es eine Veränderung?
  • Wie kann ich meine Empfindungen in Worte fassen?
  • Wie sehr will ich meinen Empfindungen trauen und sie ernst nehmen?

Dann gibt es auch im Bereich der Werte die Möglichkeit, überkommene Werte loszulassen und die Werte daraufhin zu prüfen, ob sie uns gut tun oder unser Leben und unsere Beziehungen in ihrer Entfaltung behindern. Diese Fragestellungen sind abhängig von den eigenen Werten sowie von den Werten der Gesellschaft, in der man sich sinnvoll einbringen möchte. Fragen wie z. B.:

  • Empfinde ich das als angenehm oder als unangenehm?
  • Re-agiere ich oder agiere ich gerade?
  • Was ist hier das Wesentliche?
  • Welchen Sinn hat das, was ich gerade mache?

WahrnehmungsübungenNach oben ↑

Zur Schulung der eigenen Wahrnehmung eignen sich QiGong, Yoga oder andere Meditationen mit Bewegung z. B.:

  • Den eigenen Körper erden, also wahrnehmen, wie die Schwerkraft an ihm wirkt und entspannen.
  • Den eigenen Körper bis in die kleinsten Muskelfasern wahrnehmen.
  • Die körperliche Beweglichkeit achtsam verbessern.

Für das leibliche Wohl sorgen z. B.:

  • Eine Shiatsu-Therapie (oder eine andere körperzentrierte Therapieform)
  • Bewusste Ernährung, die zu einem passt
  • Auf einen guten Schlaf achten
  • Ein stimmiges Sexualleben pflegen
  • Achtsam mit seinen körperlichen Ressourcen umgehen
  • Bewegung in seinen Alltag einbauen

Wir sind in der Wahrnehmung unserer Selbst immer eingeschränkt. Selten sehen wir uns von hinten oder von der Seite. Selten sehen wir uns durch die Augen anderer Menschen und erkennen uns dabei. Selten wird uns die Gnade zuteil, uns anders wahrzunehmen als wir es vom Alltag her gewohnt sind.

Die sogenannte Schattenarbeit kann durch Meditation unterstützt werden. Durch Übungen ebenfalls. Sie besteht darin zu erkennen, was andere an uns sehen und erkennen, das wir selbst nicht erkennen können. Hier die Spreu vom Weizen, das Eigene vom Fremden (Projektionen) zu unterscheiden ist eine Kunst. Es kann sich dennoch lohnen, wenigstens ein Fünkchen Wahrheit in jeder Fremdaussage anzunehmen, denn es eröffnet die Möglichkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit sich selbst.

Es gibt auch hier verschiedene Ansätze, um sein Selbstbild zu vervollständigen. Entscheidend ist die eigene Verankerung im Leben und die eigene Bereitschaft, sich auf einen spannenden und herausfordernden Weg einzulassen. Ebenfalls wichtig ist eine vertrauensvolle Beziehung zum Coach, Therapeuten, zur Gruppe oder zur Methode aufbauen zu können. Hier seien nur ein paar Methoden genannt:

  • Somatic Experiencing (Traumatherapie)
  • The Work nach Byron Katie (Gedanken überprüfen)
  • Geleitete Feedbackkurse wie "Der Blick von aussen", wo eine Kamera und Zuschauende involviert sind
  • Eine Psychonalyse oder ein möglichst ganzheitlich und potentialorientiertes Persönlichkeitstraining

Der mystische Ansatz der Reinigung zielt letztlich auf ein Ich, welches so gefestigt ist, dass es etwas Grösserem Platz machen will und kann (Transzendenz). Doch ist dies ein möglicher Weg, kein Garant und auch keine Voraussetzung für ein mystisches (nonduales) Erleben:

Das ICH macht dem SELBST und das SELBST macht GOTT Platz,    
indem es von eigenen Ansprüchen immer mehr gereinigt wird. 

Bei alledem gilt es aus christlicher Perspektive zu beachten, dass dies keine Selbsterlösungsstrategien sind, sondern nur Wege, um sich selbst im Leben nicht im Weg zu stehen. Wege, um sein Potenzial zu entfalten und damit die Gaben Gottes zu schulen, zu verfeinern und vor allem: Um sie selbstlos zu teilen.

Christen, welche auf Gott vertrauen und sich bewusst sind, dass er alles weiss, was sie tun und denken, dürfen auf seine Gnade hoffen. Das nonduale Einssein, das von Frieden und Glück und Klarheit begleitet wird, weiss um diese Gnade. Das heisst nicht, dass Christen tun und lassen können, was sie wollen, sondern nur:
Bei allem Bemühen kann kein Mensch frei sein von seiner Menschlichkeit mit ihren guten und schlechten Seiten. Deshalb wird ihm vergeben. Fromme Taten entstehen dann nicht aus der Absicht, Gottes Gnade zu erwirken oder Gott gleich zu werden, sondern umgekehrt, sie entstehen aus Dankbarkeit für seine bereits geschenkte Gnade und in der demütigen Einsicht ("nur") sein Geschöpf zu sein und von ihm geliebt zu werden.


  1. Was die Bibel über Reinheit zu sagen hat, kann man schön zusammengefasst auf www.bibleinfo.com unter dem Stichwort "Reinheit" nachlesen. 

  2. Dies soll nicht verwechselt werden mit der Reinwaschung durch Gott selbst. Die Vereinigung mit Gott lässt einen erfühlen oder erleben, wie sich seine Gegenwart anfühlt. Die Vergebung ist schon gewährt. Doch die Einsicht darin, dass mein sein Leben, die Geschenke, die Gaben nicht richtig genutzt hat im Leben oder gar absichtlich oder unabsichtlich Leiden verursacht hat, das kann einen Menschen schon traurig machen oder Reue empfinden lassen, wenn er es erkennt. 

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