Die Spirale der Entwicklung
Wenn Sie mit dem Finger horizontal einen Kreis in die Luft zeichnen und dabei einer vorgestellten vertikalen Linie nach oben folgen, was geschieht? Sie zeichnen eine Spirale.
Kombiniert man Kreis und Linie dynamisch, ergibt sich etwas Neues: Eine Spirale. Kreis und Gerade sind Bestandteile davon, also in der Spirale integriert. Ohne Kreisbewegung, keine Spirale. Ohne Gerade, keine Spirale.
Erst in ihrer Begegnung und Wechselwirkung ist es möglich, dass etwas Neues, Drittes entsteht. Kreis und Gerade sind also existentiell wichtige Bestandteile der Spirale, und in ihr immer noch als solche erkennbar.
Die Spirale enthält zwei Bewegungen, welche unterschiedlicher nicht sein könnten:
Besonders faszinierend ist, dass diese Bewegung zwischen der Gerade und dem Kreis der Spirale anzusehen ist. Eine Spirale ist etwas sehr Dynamisches. Sie kennen bestimmt auch den Effekt, der entsteht, wenn man eine Spirale, z. B. eine Schraube oder den wertvollsten Stab beim Mikade-Spiel, dreht. Man hat das Gefühl die Bewegung gehe nach innen (unten) bzw. nach aussen (oben) weiter. Je nach Drehrichtung.
Und so verwundert es auch nicht, dass eine Spirale sich nicht nur in eine Richtung betrachten lässt. Man kann eine Spirale sowohl hin zum Zentrum, als auch vom Zentrum nach aussen hin 'lesen', wie die folgende Grafik zeigt. (grüne bzw. gelbe Pfeile). Wobei die Tendenz besteht, die SPirale nach oben bzw. nach aussen positiv und diejenige nach innen bzw. unten negativ zu verstehen.1
Das illustriert, wie jede Bewegung aus einer übergeordneten Perspektive immer eine Gegenbewegung in sich enthält. 2 Aus der Physik kennen wir das "Actio-Reactio"-Muster: Wenn ich den Boxsack schlage, "schlägt" er dadurch auch meine Faust mit derselben Stärke.
Die polare Dynamik der SpiraleNach oben ↑
Im Daodejin ist zu lesen, wie im Anfang nur das Dao, das ungeborene ewige Eine war (Bild 1). Es ist nicht mit weltlichen Begriffen zu beschreiben, dann dann wäre es schon nicht mehr das Dao. So ähnlich verhält es sich ja auch mit "dem verborgenen Gesicht" oder "Geheimnis" Gottes. Sich ein Bild von Gott zu machen wird ihm ebenfalls nicht gerecht.
Dieses Eine teilt sich nun, "gebiert" damit "die Zwei". Die Zwei sind getrennt (Dualismus, Bild 2a). Und sie schliessen einander in ihrer Art aus (2b). Doch ein Drittes kommt durch die Trennung (automatisch) dazu (weisser Strich bei Bild 2a), weil sie Teil des Dao sind, also weil sie zusammen das Eine sind. 3 Und weil Kräfte Dynamisch sind, ergibt sich zwischen Yin (schwarz) und Yang (weiss) Bewegung (Bild 3).
Die dritte,die verbindende Kraft (Altgr. 'Dynamis'), ist erkennbar an der Sinuskurve mitten im Kreis. Yin und Yang werden zu einer bewegten Einheit verschmolzen. Sie sind getrennt-ungetrennt. Diese dynamische Dreiheit, diese polare dynamische Einheit, nennt man das Taiji. 4
Aus dieser Polarität entsteht alles übrige. Im Dao-De-Jing wird dies "Die Zehntausend Dinge" genannt. Wir nennen es die Regeln der Welt und schliesslich die Welt selbst in ihrer unerschöpflichen Vielfalt. Und wie bei Fraktalen, so kann man z. B. in der Natur immer wieder die Gesetzmässigkeiten des Goldenen Schnittes 5 und die Form der Spirale entdecken. Das Wasser im Ablauf, die Anordnung der Kerne der Sonnenblume, das Verhältnis unserer Fingerknochen oder ein Schneckenhaus.
Die wichtigste Erkenntnis, welche das Taiji-Symbol verbildlicht, ist: Jede Kraft entsteht dort, wo ihre Gegenkraft ihr Maximum erreicht hat. Im Daoismus wurde diese Einsicht durch einen gegenfarbigen Punkt verdeutlicht.
Es gibt nichts in der Welt, das nicht durch die Taiji-Brille betrachtet und beschrieben werden kann. Die fernöstliche Weisheit ist durchaus auch Autoren der Bibel bekannt, weil alle Kulturen durch Beobachtung der Natur ihre Gesetzmässigkeiten entdecken konnten und immer noch können.
Im Zentrum einer Spirale erkennt man ebendieses Taiji-Muster, das auch in unserer Kultur inzwischen bekannt wurde als Yin-Yang- oder als Taiji-Symbol (in der Grafik oben rot umrahmt). Nur weil aus der Philosophie des Dao später eine eigene Religion wurde, heisst das nicht, dass diese philosophische und natürliche Entdeckung der Bibel oder Christi Lehre widerspricht. Dies sei für jene gesagt, die ob des Taiji-Symbols meinen, auf der falschen Homepage zu sein. Die Spirale ist schon seit tausenden von Jahren in aller Welt als heiliges Zeichen bekannt. Und in ihrem Zentrum finden wir: Das Taiji (ohne die Punkte).
simple rules zur Dynamik der Spirale der integralen EntwicklungNach oben ↑
Man kann die Wertesysteme auch spiralförmig darstellen. Man versteht eine solche Grafik erst dann richtig, wenn man folgende simple rules versteht, welche den Wertesystemen zugrundeliegen:
- Jedes Wertesystem baut existentiell auf dem Wertesystem vor ihm auf.
- Jedes neue Wertesystem bereichert den Menschen z. B. durch noch mehr Kompetenzen, durch neue Horizonten oder Perspektiven oder durch mehr Freiheit beim Entwickeln von neuen Lösungen und damit durch mehr Kreativität. 1 Der Wert des Menschen ist unabhängig von seinem(-n) aktuell aktiven Wertesystem(en), er ist ein wertvolles Geschöpf, alle Menschen sind vor Gott gleichwertig
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Ein Archetyp ist, dass wir Bewegungen nach unten oder innen als Yin, Bewegungen nach oben oder aussen als Yang bewerten. Yin und Yang stehen hier für weibliche (yin) und männliche (yang) Pole. Und da in unserer Gesellschaft Männliches positiver bewertet wird als Weibliches, so wird auch eine "Abwärtsspirale" negativ und eine "Aufwärtsspirale" positiv konnotiert. Sehen Sie im Bild der Bergkette, wie beide positiv und potentialorientiert gelesen werden können. Und um einem Missverständnis vorzubeugen: Yin und Yang stehen nciht für Frau und Mann! Frauen wie Männer und alles was existiert, haben in allen Belangen Yin- und Yang-Anteile, die dynamisch Form und Leben hervorbringen. Nichts in der Welt ist rein yang oder yin, alles hat einen Yang- und einen Yin-Aspekt. Dies ist eine philosophische Betrachtungsweise der Natur, keine Religion. ↩
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Dies ist eine wichtige Einsicht z.B. des Taijiquans. Das ist eine asiatische sogenannt "innere" Kampfkunst, bei welcher Kampfhandlungen ohne äusseren Gegner und sozusagen in Zeitlupe gemacht werden. Ziel dabei ist, möglichst genau wahrzunehmen, was dabei im eigenen Körper, in jeder Muskelfaser, geschieht. Wenn ich meinen Arm nach oben hebe, zieht die Erdanziehung an ihm. Wenn ich ihn hingegen sinken lasse, kann ich eine Kraft im Arm spüren, welche nach oben fliesst. Geschult wird ein Leben zwischen den Extremen und die Wahrnehmung beider Pole, wie sie aufeinander bezogen sind. Aufmerksamkeit (Yang) und Achtsamkeit (Yin) werden zum Beispiel möglichst gleichzeitig geschult. Zentrum des Taijiquans ist die 'philosophische' Lehre des Dao. ↩
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Ohne es zu wissen, sind sie damit verbunden. Eine Kraft verbindet die beiden Pole, die voneinander nichts wissen können oder wollen und einander meiden oder fürchten, wenn sie voneinander erfahren. Oder sie verfolgen einander, weil sie im anderen aufgehen wollen. Diese wäre z. B. bei der sexuellen Anziehung der Fall. ↩
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Wer dies mit der christlichen Trinitätslehre zu verbinden sucht, kann auf einen grünen Zweig kommen. Der wesentliche Unterschied ist jedoch, dass das Dao keine personalen Züge aufweist. JHWH hingegen schon. ↩
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Der "Goldene Schnitt" wird nach geometrischen Regeln aufgebaut und daraus entwickelt sich eine Spirale. ↩