Typologien

Erfahren Sie hier was Typologisierungen vermögen und was nicht. Erfahren Sie auch, in welchem Verhältnis sie zu den Wertesystemen stehen.

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Wir können uns selbst, auf verschiedene Art betrachten. Die eine Art ist, dass wir uns in eine oder mehrere (vorläufige) Kategorien einordnen lassen, was in der Marktwirtschaft z. B. durch Algorythmen geschieht, um unser Kauf- oder Wählverhalten zu ermitteln oder unser Potential (unseren möglichen Wert) für die Gesellschaft.

Normative Typologisierungen

Es gibt auch unzählige Systeme, welche unsere äussere Erscheinung, unsere Bildungsfähigkeit, unsere Gesundheit, unsere familiäre Herkunft oder unseren Charakter einordnen in verschiedene Typen. Man gehört dann mehr oder weniger "typisch" zu einer Gruppe. Je typischer, desto näher an der Mitte der statistischen Verteilungskurve, mit der ein Phänomen beobachtet wurde.

Bekannte Typologien sind:

  • Konstitutionstyp. Dieser gilt als wissenschaftlich überholt. (Nach Körperbau, Temperament, Gesichtszüge, Charakter) Ein kurzer Blick auf einen Menschen reicht und sein Typ kann festgelegt werden.
  • Psychologische Typenlehren (C.G. Jung / Myers-Briggs-Typindikator). Aufgrund auffälliger Merkmale wird ein Typ erkannt und die Therapieform so angepasst, dass sie diesem Typ entspricht.
  • Sozial(-psychologische) Typenlehren (Sozionik). Hier interessieren die Interaktionen zwischen Menschen und Menschengruppen, der Fokus liegt auf dem WIR.

Der "Schatten", also die ungeliebte oder unbewusste Kehrseite dieser Typenlehren ist: Man wird dem ganzen Menschen damit nicht gerecht, da er als etwas Fixiertes, Berechenbares, als ein Objekt statt als Subjekt wahrgenommen wird.

Wir sind jedoch mehr als solche Typenlehren von uns erkennen können. Die Gefahr einer Reduktion besteht und ein gesunder Mensch wehrt sich dagegen, wenn die typologischen Zuschreibungen durch andere zu viele Bereiche seines Lebens beschneiden. Wir möchten die Freiheit behalten, geheimnisvoll zu bleiben und uns verändern zu dürfen.

Typologisierungen dieser normativen Art sollten also nur in einem bestimmten Kontext verwendet werden, um ein kurzfristiges Ziel zu erreichen. Es sollte immer im Bewusstsein behalten werden, dass die Beschreibung eines Lebewesens nie vollständig sein kann. Es kann sich negativ auf uns auswirken, wenn wir uns von uns ein fixes Bild machen.

Evolutionistische Typologien

Des Weiteren gibt es Typologien, welche von einer charakterlichen Grunddisposition ausgehen. Diese hat Entwicklung- und damit Reifungspotential. Solche evolutionistische Typologien sind unter anderem:

  • Die "5 Wandlungsphasen", welche den Ist-Zustand eines Menschen erfassen und von da aus seine in Körper und Geist ablesbare Geschichte und sein Potential zum Reifen und Heil-, also Ganzwerden, entfalten.
  • Die "astrologische Charakterdeutung" mit einem sehr komplexen System, welches zeigt, dass kein Mensch dem anderen gleicht. Man geht von einem Geburtshoroskop (Radix) aus und leitet aktuelle Herausforderungen vom aktuellen Stand der Himmelskörper (Transit) ab. Aus dem Radix lassen sich die Lebensaufgaben, Potentiale und zur Verfügung stehenden Mittel ablesen. Aus dem Transit können weitere Hinweise für diesen Lebensweg der Reifung abgeleitet werden, z. B. aktuelle Herausforderungen und "Lehrblätze".
  • Das "Enneagramm" funktioniert ähnlich wie die Astrologie. Man erkennt anhand der Beschreibungen der neun (ennea) Typen jenen Typ, welcher am ehesten auf uns selbst zutrifft. Jeder Typ hat eigene Lebensaufgaben. Er braucht die anderen Typen, um immer mehr Aspekte seines ganzen Selbst zu entwickeln. Das ganze Selbst umfasst letztlich wieder Aspekte aller Typen.

Ein Schattenaspekt solcher evolutionistischer Typologien ist, dass sie nicht evolutionistisch verstanden und absolut oder eben normativgesetzt werden. Sie können zu einem (falschen) Glauben mutieren. Davor seien wir auf der Hut.

Der Mensch ist ein fantastisches Geschöpf Gottes, welches durch kein System umfassend zu beschreiben ist. Gott hat die Freiheit uns einfach aus dem System herauszuheben und uns in seinem Sinn zu verändern. Wenn ein evolutionistisches System diese göttliche Freiheit miteinbezieht, dann tut es recht damit.

Aber nochmals sei daran erinnert: Systeme und Typologien sind weder identisch mit dem Leben noch mit einem Lebewesen. Sie sind und bleiben beschreibende Werkzeuge, welche man zum Guten und zum Schlechten gebrauchen kann.

Typologie vs. WertesystemeNach oben ↑

Die integrale Philosophie ist keine Typologie (s. u.). Was ist eine Typologie? Wenn Sie von sich denken, dass Sie oder jemand, den Sie kennen, ein (un-)typischer "Wassermann", ein typischer "Choleriker", eine typische "Neun" oder eine typische "Lehrerin" sind, dann nehmen Sie Menschen durch die Typenbrille wahr.

Wertegemeinschaft ist eine Gemeinschaft von Menschen, welche dieselben Werte teilt. Man identifiziert sich im Leben irgendwann mit den Werten dieser Wertegemeinschaft. Und irgendwann entfremdet man sich von diesen Werten vielleicht wieder. Der Prozess kann schleichend oder schnell vor sich gehen.

Wertesysteme beschreiben etwas, was ausserhalb aller Typologien existiert. Ein Mensch ist nicht typisch "orange" oder "blau". Er ist ein Mensch, der sich in einem bestimmten Lebensbereich gerade mehrheitlich in einem "orangen" oder "blauen" Wertesystem bewegt. Und das ist ein mehrschichtiges und dynamisches Geschehen, wie schon erwähnt wurde.

Ein Mensch kann immer durch Typologien beschrieben werden. Es mag sein, dass eine Typ-Zuschreibung sich im Laufe eines Lebens oder aufgrund neuer Bewertungen wandelt. Der Typ kann aber auch ein Leben lang derselbe bleiben und sich durch viele Wertesysteme hindurch bewegen bzw. weiterentwickeln. So können Sie "eine typische Lehrerin" bleiben, und dennoch beruflich reifen. Von der typisch rechthaberischen zur typisch weisen Lehrerin werden z. B. Der typische Choleriker, der seine Werte in "Rot" verortet, wird seinen Wutausbruch als Ausdruck seines Selbst wahrnehmen und nicht verurteilen. Er kann durch einen Wechsel des Wertesystems plötzlich ganz anders erscheinen, obwohl sein Temperament dasselbe bleibt: Er lernt durch "blaue" Disziplinübungen, sein aufbrausendes Temperament zu kontrollieren. Er denkt nun "blau", und wertet daher seinen Wutausbruch ab.

Der Wert von TypologienNach oben ↑

Zusammenfassend kann man festhalten: Typologien gehören immer in einen bestimmten Kontext. Das ist wichtig!
Man entwickelte sie aus einer Überlegung heraus mit einem mehr oder weniger bestimmten Ziel. Meistens sollen Typologien helfen, das Beobachtete zu ordnen. Deshalb müssen Typologien kontextuell betrachtet werden. Und insofern sind Typologien nicht fähig, einen Menschen zu beschreiben. Nur Facetten von ihm und dies nur in einem bestimmten Kontext oder "Setting".

Typologien sind hilfreich, wenn es darum geht, uns selbst in einem bstimmten Kontext besser zu verstehen, und dadurch auch die anderen besser zu verstehen. Für Schattenarbeit sind sie ebenfalls sehr hilfreich. Indem man sich selbst oder andere in eine Schublade steckt und dabei nicht mehr sieht, wie man oder der andere wirklich, sozusagen vor Gottes Augen ist, dann tut man sich und ihm damit Unrecht.

Aus christlicher und integraler Sicht muss man Typologien nicht verwerfen, sondern sie auf ihre Nützlichkeit hin prüfen. Immerhin steckt in ihnen viel empirisches Wissen, z. T. auch schon Jahrtausende alte Beobachtungen zum Menschen und zur Natur. Erst wenn man davon ausgeht, dass Gott allem eine Ordnung gegeben hat und alles mit allem zusammenhängt, hat man keine Mühe damit, Gestirne und die Erde (bzw. die Menschen auf der Erde) zu verknüpfen. Zu biblischen Zeiten war das üblich, doch die Bibel kritisiert die Anbetung der Gestirne, also der Geschöpfe. Man darf Gott in seinem Wahrnehmen der Welt nicht ausblenden. Man muss bedenken, dass er eine göttliche Freiheit hat, alle Typologien und Naturgesetze auf den Kopf zu stellen.

Man kann einen Menschen ziemlich verletzten, wenn man ihn typologisiert. Je reifer der Mensch, desto öfter wird er vermutlich zu Fremdwahrnehmungen nicken können, weil er sich viele, auch unliebsame Aspekte seiner selbst, bewusst gemacht hat. Er hat Licht und Schatten integriert, angenommen als mit ihm verbunden. Er weiss aber auch: Ich bin mehr als die Summe meiner Teile! Und er kann auch ruhiger Projektionen anderer als solche erkennen und liebevoll damit umgehen.

Wenn Sie jetzt denken: "Wer macht das schon!", dann erkennen Sie: Die Menschheit hat noch viel geistliches Wachstums-, d.h. Reifungspotential. Sie udn ich als Teil dieser Menschheit, können selbst wachsen und damit beitragen, dass die Menschheit spirituell wächst. Es fängt also - wie so Vieles - bei uns selbst an.

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